Bezugnahmeklausel       

siehe auch Gleichstellungsabrede

 

1. Begriff

Bezugnahmeklauseln sind Vertragsklauseln, mit denen auf einen bestimmten Tarifvertrag oder nur auf bestimmte Normen eines Tarifvertrages Bezug genommen wird. Sie werden statt einer abschließenden und konkretisierten einzelvertraglichen Vereinbarung (z.B. Urlaubstage, Urlaubs- und Weichnachtsgeld usw.) getroffen. Bezugnahmeklauseln werden regelmäßig von nicht tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteinen vereinbart.

 

2. Sinn und Zweck

Sinn einer vertraglichen Bezugnahmeklausel ist nach der Rechtsprechung, die Gleichstellung aller Arbeitnehmer im Betrieb und zwar unabhängig von davon, ob sie gewerkschaftlich organisiert sind oder nicht. Die betriebliche Effizienz und die sozialpolitische Gerechtigkeit erforderten es, unorganisierte mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern gleichzubehandeln. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass Tarifeinheit im Betrieb bestehe. Nach der Rechtsprechung haftet einer solchen Bezugnahmeklausel sogar, soweit sie eine Gleichstellungsabrede ist und sie ihre Intention erfüllen soll, die Eigenschaft an,  im Betrieb zu einer dynamischen Anpassung zu führen, um die Tarifeinheit im Betrieb zu sichern.

Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf bestimmte Tarifverträge kann allerdings nur dann als eine Gleichstellungsabrede verstanden werden, wenn der Arbeitgeber zumindest dem Geltungsbereich der in Bezug genommenen Tarifverträge unterfällt.

(LAG Niedersachsen, Urteil vom 11.8.2000 - 2 Sa 2275/99; vgl. auch Säcker/Oetker, ZfA 1993, Seite 1 f.).

 

Diese Sichtweise ist aber sehr verkürzt und strahlt nur so vor Positivismus. In Wirklichkeit zielt die Praxis, unorganisierte mit den organisierten Arbeitnehmern gleichzubehandeln, weniger auf die „sozialpolitische Gerechtigkeit“, sondern vielmehr auf die „betriebliche Effizienz“, an die der Arbeitgeber regelmäßig mehr interessiert sein wird, als an die „sozialpolitische Gerechtigkeit“. Da es weit und breit kein Rechtssatz ersichtlich ist, der den Arbeitgeber zu dieser Praxis zwingen könnte, fragt es sich, warum also diese Übung. Im Lichte der objektiven wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten betrachtet, drängt diese Praxis der Arbeitgeber unumgänglich zu einer andere Vermutung: das Potential gewerkschaftlicher Organisationskraft zu unterminieren. 

Richtig ist zwar, dass durch die Bezugnahmeklauseln sich die unzulässige Frage nach Gewerkschaftsmitgliedschaft erübrigt,

3. Problem: Verbandswechsel des Arbeitgebers

Kommt es zu einem Verbandswechsel des Arbeitgebers entsteht eine Regelungslücke im Arbeitsvertrag, weil der mit der Gleichstellungsabrede bezweckten Vereinheitlichung der Arbeitsverhältnisse aller im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer bei Festhalten am Wortlaut der Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages nicht genügt werden kann

(BAG, Urteil vom 25.10.2000 - 4 AZR 506/99; LAG Niedersachsen, Urteil vom 11.8.2000 - 2 Sa 2275/99:; vgl. auch Säcker/Oetker, ZfA 1993, Seite 1 f.).

Die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel hat gemäß §§ 133, 157 BGB zu erfolgen

 

 

Das Bundesarbeitsgericht

(Urteil vom 4. September 1996 - 4 AZR 135/95 - BAGE 84, 97)

hat dazu ausgeführt, dass eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel, die auf einen konkret benannten Tarifvertrag Bezug nimmt, bei einem Verbandswechsel des Arbeitgebers in der Regel dahingehend korrigierend ausgelegt werden müsse, dass die Verweisung auf den jeweils für den Betrieb geltenden Tarifvertrag erfolge; dies gelte jedenfalls dann, wenn die Tarifverträge von derselben Gewerkschaft abgeschlossen worden seien, dass also im Betrieb Tarifeinheit besteht

(BAG, Urteil vom 25.10.2000 - 4 AZR 506/99).

 

Dabei ist das Gericht davon ausgegangen, dass es bei entsprechender Tarifgebundenheit des Arbeitgebers in solchen Fällen nicht darum gehe, mit dem Arbeitnehmer einen bestimmten Tarifvertrag auf Dauer des Arbeitsverhältnisses als anwendbar zu vereinbaren, sondern nur darum, ihn mit solchen Arbeitnehmern gleichzustellen, die an die jeweils einschlägigen Tarifverträge kraft Mitgliedschaft in der tarifvertragschließenden Gewerkschaft nach § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG gebunden seien

(BAG, Urteil vom 25.10.2000 - 4 AZR 506/99).

Diese Rechtsprechung hat der BAG im Urteil vom 30. August 2000

(BAG, Urteil vom 30. August 2000 - 4 AZR 581/99)

fortentwickelt:

Eine korrigierende Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, wonach anstelle der darin als anwendbar vereinbarten Tarifverträge andere, nicht benannte Tarifverträge anzuwenden sein sollen, in deren Geltungsbereich der Arbeitgeber später fällt, ist danach nur möglich,

wenn diese Vereinbarung als Gleichstellungsabrede zu verstehen ist und

bei Abschluss des Arbeitsvertrages besondere Umstände vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Parteien des Arbeitsvertrages den Arbeitsvertrag anderen - nicht benannten - Tarifverträgen unterstellen wollten, falls der Arbeitgeber in den Geltungsbereich anderer Tarifverträge wechselt.

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