Befreiung von Mehrarbeit

(BAG Urteil vom 3.12.2002, 9 AZR 462/01).

 

1. Anspruchsgrundlage

Schwerbehinderte Menschen haben nach § 81 Abs 4 Ziff 4 SGB IX einen einklagbaren Anspruch auf behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit, soweit dessen Erfüllung für den Arbeitgeber nicht unzumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden ist.

 

2. Befreiung von Nacht- und Wochenendarbeit

Hieraus kann sich die Pflicht des Arbeitgebers ergeben, einen schwerbehinderten Arbeitnehmer nicht zur Nachtarbeit einzuteilen und dessen Arbeitszeit auf die Fünf-Tage-Woche zu beschränken.

 

3. Begriff der Mehrarbeit

Jede über acht Stunden werktäglich hinausgehende Arbeitszeit ist Mehrarbeit iSd § 124 SGB IX. Tariflich abweichende Arbeitszeiten sind unerheblich. Das gilt auch dann, wenn sie kürzer als die gesetzliche Arbeitszeit sind. Die vor allem tariflich eingeführten Arbeitszeitverkürzungen gewährleisten nämlich nicht den Schutz des schwerbehinderten Menschen vor einer Überbeanspruchung und sind auch nicht geeignet, ihm vergleichbare Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wie einem Nichtbehinderten zu verschaffen. Durch die Flexibilisierungsregelungen wird nämlich vielfach eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit über acht Stunden hinaus ermöglicht.