BAG, Beschluß vom 24.10.2001 - 7 ABR 20/00 -

 

Der Betriebsrat bleibt in entsprechender Anwendung von § 22 BetrVG, § 49 Abs. 2 BGB auch nach dem Ende seiner Amtszeit befugt, noch nicht erfüllte Kostenerstattungsansprüche gegen den Arbeitgeber weiter zu verfolgen und an den Gläubiger abzutreten.

 

Gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren der Betriebsrat in Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte für erforderlich halten durfte

(BAG 20. Oktober 1999 - 7 ABR 25/98 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 67 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 89, zu B I 1 der Gründe).

 

Durch diese Kostentragungspflicht entsteht zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ein vermögensrechtliches gesetzliches Schuldverhältnis. Gläubiger ist der Betriebsrat. Wenngleich ihm das Betriebsverfassungsgesetz keine generelle Rechts- und Vermögensfähigkeit verleiht

 

(vgl. BAG 24. April 1986 – 6 AZR 607/83 – BAGE 52, 1 = AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 7, zu II 2 a der Gründe),

 

ist er insoweit als – partiell – vermögensfähig anzusehen. Der Senat hat dies für die auf Grund einer Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 BetrVG entstehenden Ansprüche des Betriebsrats bereits ausdrücklich entschieden

(13. Mai 1998 - 7 ABR 65/96 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 55 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 42, zu B I der Gründe)

 

Mit dem Ende der Amtszeit des Betriebsrats enden - mit den oben dargestellten Modifikationen - dessen betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungsrechte ersatzlos. Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise für Kostenerstattungs- und Freistellungsansprüche des Betriebsrats, die zum Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit des Betriebsrats vom Arbeitgeber noch nicht erfüllt sind.

Das Betriebsverfassungsgesetz enthält insoweit eine Regelungslücke. Es sieht keine Regelung über das rechtliche Schicksal der dem Betriebsrat zustehenden vermögensrechtlichen Rechtspositionen vor. Insbesondere ordnet es weder den Übergang der Ansprüche auf einen anderen Rechtsträger noch das Erlöschen der Ansprüche an.

Dabei handelt es sich nicht um ein "beredtes" Schweigen des Gesetzgebers, aus dem geschlossen werden könnte, der Gesetzgeber nehme mit dem Untergang des Betriebsrats bewußt auch das Erlöschen von dessen Kostenerstattungs- und Freistellungsansprüchen in Kauf. Vielmehr liegt trotz der umfangreichen Änderungen, welche die Regelungen des BetrVG durch das BetrVerf-Reformgesetz vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S 1852) erfahren haben, weiterhin eine planwidrige Regelungslücke vor. Das ergibt die Würdigung der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften über die Aufgaben und die Stellung des Betriebsrats sowie über die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers.

 

 

Das Betriebsverfassungsgesetz normiert für die unterschiedlichen Möglichkeiten der Beendigung der Amtszeit eines Betriebsrats die Rechtsfolgen weder einheitlich noch vollständig. Hinsichtlich der vermögensrechtlichen Rechtspositionen fehlt es an jeglicher ausdrücklicher Regelung. Es betseht hier also eine planwidrige Regelungslücke.

Diese planwidrige Regelungslücke ist nach der Rechtsprechung des BAG durch die analoge Anwendung von § 22 BetrVG, § 49 Abs. 2 BGB zu schließen
(BAG, Beschluß vom 24.10.2001 - 7 ABR 20/00 - AP Nr. 71 zu § 40 BetrVG 1972).

 

Aus der entsprechenden Anwendung des § 22 BetrVG folgt die zeitliche Begrenzung der Liquidationsbefugnis bis zur Neuwahl eines Betriebsrats. Aus der entsprechenden Anwendung des § 49 Abs. 2 BGB ergibt sich die sachliche Beschränkung auf die Abwicklung der bei Beendigung der Amtszeit bestehenden, einer Abwicklung bedürfenden vermögensrechtlichen Positionen des Betriebsrats. Zur Abwicklungsbefugnis gehört die Verfolgung der vom Arbeitgeber noch nicht erfüllten Freistellungsansprüche. Diese können hierzu auch an den vom Betriebsrat beauftragten Dritten abgetreten werden. Zuständig ist in entsprechender Anwendung des

§ 22 BetrVG der Betriebsrat in der bei Beendigung seiner Amtszeit gegebenen Besetzung.

Das bedeutet im Übrigen, dass der betriebsrat - zumindes hinsichtlich seiner noch nicht erfüllten Freistellungsansprüche - fortbesteht.